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Semesterplan ArchivWintersemester 2012/13 Montag 10:00 – 12:00 (GEO 47, Raum 4.30) »Blut ist dicker als Wasser«: Das Seminar wird diese in zahlreichen Sprachen verbreitete Redewendung auf die Differenz zwischen Verwandtschaft und Freundschaft, zwei Grundformen sozialer Synthesis beziehen. Dabei sollen einerseits philosophisch-literarische Texte in chronologischer Reihenfolge diskutiert werden, von Platon, Aristoteles, Cicero, Alberti oder Montaigne bis zu Schiller, Herder, Kracauer, Blanchot oder Foucault. Die daraus ableitbaren Theorien der Freundschaft sollen andererseits vor den Hintergrund ethnographisch-kulturhistorischer Studien zur Geschichte und Konstruktion von Verwandtschaft (zentral z.B. »Die elementaren Strukturen der Verwandtschaft« von Claude Lévi-Strauss) gestellt werden. Ziel des Seminars ist die Herausarbeitung der wechselseitigen Abhängigkeit von Vorstellungen der genealogisch-diachronen Bindung und der freien, synchronen Sympathie.
Die Imagination fremder Kulturen, die imaginäre Ethnographie, hat besonders in der Romantik – wie Fritz Kramer in seiner Monographie über »Verkehrte Welten« (von 1977) gezeigt hat – eine herausragende Bedeutung gewonnen. Eine Geschichte dieser Ethnographie kann einerseits auf imaginierte Räume und Reisen bezogen werden, andererseits auf imaginäre Reisende, die einen buchstäblich befremdeten Blick auf unsere eigene Kultur werfen: der Indianer Wi-jun-jon reist nach Washington, der Südsee-Häuptling Tuiavii aus Tiavea berichtet über die Kultur der »Papalagi« in Europa, der Afrikaner Lukanga Mukara erzählt von seiner Forschungsreise ins »innerste Deutschland«, und Nigel Barley, Kurator des British Museum in London, schreibt eine amüsante Dokumentation über die »traurigen Insulaner«. Die imaginäre Ethnographie soll freilich nicht nur an Texten, sondern auch an Bildern, Ausstellungen und Filmen studiert werden.
In wissenschaftlichen wie literarischen Texten wird Einsamkeit häufig als Zustand, Passion oder tragisches Schicksal beschrieben. In der Vorlesung soll dagegen versucht werden, die Einsamkeit als Prozess zu beschreiben, der aktiv und freiwillig initiiert wird. Einsamkeit wird ins Auge gefasst als eine ambivalente, doch nicht nur schmerzliche, sondern auch lustvolle Selbsterfahrung; und sie soll untersucht werden als Kontext wie Anlass der Praktizierung kultureller Techniken, als elementare »Selbsttechnik« im Sinne Michel Foucaults. Besondere Aufmerksamkeit wird auf die metaphorische Konstruktion von »Einsamkeitsorten« (wie Höhle, Wald, Wüste, Meer, Berggipfel, Insel, fremde Sterne und Planeten usw.) gerichtet. In diesem Themenhorizont wird die Vorlesung paradigmatische Texte zur Einsamkeit kommentieren: von Petrarcas »De vita solitaria« bis zu Johann Georg Zimmermanns »Betrachtungen über die Einsamkeit«, von Homers »Odyssee« bis zu Thoreaus »Walden«, von Blumenbergs Metaphorologie bis zu Foucaults Vorlesungen über die »Hermeneutik des Subjekts«.
Freitag 14:00 – 20:00 (GEO 47, Raum 4.30) Termine: 14. Dezember 2012, 4. Januar 2013, 15. Februar 2013 Nur nach persönlicher Anmeldung! zurück |